Arbeitsrecht kann mehr als nur den gesetzlich vorgeschriebenen Urlaub oder den Mutterschutz umfassen. Es gibt eine Reihe weniger bekannter, aber ebenso bedeutsamer Rechte, die im Dickicht der Arbeitsgesetze leicht übersehen werden können: Wussten Sie zum Beispiel, dass Ihnen freie Tage zustehen, um auf Jobsuche zu gehen? Oder dass Sie zu Hause bleiben dürfen, wenn die Kinderbetreuung ausfällt?
In diesem Artikel enthüllen wir zehn solcher überraschenden Arbeitsrechte, die Ihnen als Arbeitnehmer zur Verfügung stehen. Es ist Zeit, den Vorhang zu lüften und Licht auf diese verborgenen Aspekte des Arbeitsrechts zu werfen. Lesen Sie weiter, um Ihre Rechte zu entdecken und zu erfahren, wie Sie diese zu Ihrem Vorteil nutzen können.
1. Recht auf freie Tage, um auf Jobsuche zu gehen
Ein Jobverlust kann unerwartet kommen, aber wussten Sie, dass Ihnen das Arbeitsrecht sogar in dieser unsicheren Zeit zur Seite steht? Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen kündigt, haben Sie das gesetzlich festgelegte Recht, während der Kündigungsfrist eine neue Stelle zu suchen – und das sogar während Ihrer regulären Arbeitszeit.
Das mag überraschend klingen, aber das Gesetz ist klar: Sie haben Anspruch auf ein Fünftel Ihrer regulären Arbeitszeit, um aktiv nach einer neuen Beschäftigung zu suchen. Dieses Recht müssen Sie jedoch aktiv geltend machen und Ihren Arbeitgeber darüber informieren. Der Clou: Ihr Arbeitgeber kann Ihr Gesuch nicht ablehnen. Wenn Sie bei einer 40-Stunden-Woche beispielsweise einmal pro Woche einen Tag freinehmen, um eine neue Stelle zu suchen, wird dies als “Postensuchtag” bezeichnet – ein Begriff, den Sie in Ihren Antrag einfügen könnten. Das Arbeitsrecht kann also ein starker Verbündeter sein, wenn es darum geht, die nächste berufliche Herausforderung anzunehmen.
2. Recht auf freie Tage, wenn die übliche Kinderbetreuung ausfällt
Es ist eine Situation, die viele Eltern kennen: Das Kind ist krank und muss zu Hause bleiben. Aber was passiert, wenn nicht das Kind, sondern die betreuende Oma erkrankt? Oder der Kindergarten kurzfristig keine Betreuung anbieten kann? Gute Nachrichten für alle arbeitenden Eltern: Das Arbeitsrecht hat auch hierfür eine Lösung parat.
Wenn Ihr Kind unter zehn Jahre alt ist, dürfen Sie in einem solchen Fall die Arbeit ruhen lassen und zu Hause bleiben. Diese Regelung gilt nicht nur in traditionellen Familien, sondern ist ebenso für Patchwork-Familien relevant.
3. Recht auf bezahlte Pausen bei langer Bildschirmzeit
Stundenlange Arbeit am Schreibtisch kann nicht nur Schultern und Nacken belasten, sondern auch eine enorme Herausforderung für die Augen darstellen. Sicherlich kennen viele die ärztlichen Empfehlungen zur Einführung regelmäßiger Pausen, aber wussten Sie, dass Ihr Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet ist, diese Pausen zu gewähren?
Wenn Sie zwei Stunden ununterbrochen oder drei Stunden mit kurzen Unterbrechungen am Bildschirm arbeiten, haben Sie das Recht auf eine zehnminütige Umstellung der Tätigkeit alle 50 Minuten. Bei einer ununterbrochenen Bildschirmarbeit von 100 Minuten steht Ihnen sogar eine 20-minütige Abwechslung zu.
Falls Ihre Arbeit ausschließlich aus Bildschirmarbeit besteht und eine Tätigkeitsänderung nicht möglich ist, dürfen Sie diese zehn oder 20 Minuten als bezahlte Pause beanspruchen.
4. Recht auf eine bezahlte Brille bei langer Bildschirmzeit
Wussten Sie, dass die ständige Belastung der Augen durch lange Bildschirmarbeit auch rechtliche Konsequenzen hat? Wenn Sie für Ihre Arbeit am Bildschirm eine spezielle Brille benötigen, die für eine Entfernung von etwa 60 bis 90 Zentimetern ausgelegt ist, muss Ihr Arbeitgeber die Kosten dafür tragen.
Laut Gesetz haben Sie Anspruch auf eine Bildschirmbrille, wenn Ihre Arbeit als Bildschirmarbeit klassifiziert wird. Das heißt, wenn Sie entweder ununterbrochen mehr als zwei Stunden oder im Durchschnitt mehr als drei Stunden Ihrer täglichen Arbeitszeit am Bildschirm verbringen. Informieren Sie sich bei Ihrem Arbeitgeber, ob es eine Betriebsvereinbarung zu diesem Thema gibt.
5. Recht auf Überstunden – auch bei Zeitausgleich
Im Arbeitsalltag können Überstunden zur Normalität werden. Wussten Sie aber, dass Ihnen für jede zusätzliche Arbeitsstunde über die übliche acht Stunden pro Tag oder 40 Stunden pro Woche ein Lohnaufschlag von bis zu 50% zusteht? Doch was passiert, wenn Sie mit Ihrem Vorgesetzten einen Zeitausgleich für Überstunden vereinbart haben? In diesem Fall gewährt Ihnen Ihr Arbeitsplatz einen besonderen Bonus: Für jede geleistete Überstunde steht Ihnen nämlich ein Zeitausgleich von 1,5 Stunden zu.
6. Nein heißt nein – Überstunden darf man ablehnen
Es ist kein Geheimnis, dass Arbeitgeber oft hohe Erwartungen an ihre Mitarbeiter stellen. Aber es gibt Grenzen – und das ist auch gesetzlich so festgelegt: Fühlen Sie sich von der Menge der Arbeitsstunden überfordert, haben Sie das Recht, Überstunden abzulehnen. Haben Sie an einem Tag bereits mehr als zehn Stunden gearbeitet oder die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten, steht es Ihnen frei, ohne weitere Begründung zusätzliche Arbeitsstunden abzulehnen.
Aber auch abseits dieser Grenzwerte haben Sie ein Recht auf Work-Life-Balance. Sollten Sie triftige Gründe wie zum Beispiel die Betreuung kleiner Kinder haben, dürfen Sie ebenfalls “Nein” zu Überstunden sagen. Wissen Sie um diese Rechte, können Sie selbstbewusst für Ihre Bedürfnisse eintreten.
7. Recht auf ein Dienstzeugnis – auch wenn man sich im Streit trennt
Arbeitsbeziehungen enden nicht immer in Harmonie – ein Umstand, der häufig Sorgen hinsichtlich des finalen Dienstzeugnisses hervorruft. Sie fürchten, Ihr Arbeitgeber könnte aus Verbitterung ein ungünstiges Zeugnis ausstellen, das Ihre zukünftige Jobsuche behindert? Lassen Sie diese Sorge los! Denn tatsächlich ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass jeder Arbeitgeber verpflichtet ist, ein Dienstzeugnis zu erstellen, das dem Arbeitnehmer die weitere Jobsuche nicht erschwert. Ungeachtet der Umstände Ihrer Kündigung haben Sie also immer das Recht auf ein gerechtes und angemessenes Zeugnis.
8. Pflicht zum Urlauben? Wohl eher nicht
Sommerflaute? Im Büro ist Freitagnachmittag nicht mehr viel zu tun? Da kann es schon mal vorkommen, dass der Chef einen in den Urlaub abkommandieren möchte, um Geld zu sparen. Aber so einfach ist das nicht. Denn Urlaub muss von beiden Seiten, also vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam festgelegt werden.
Auch das Ansammeln von Minusstunden ist rechtlich nicht in Ordnung. Wenn Ihr Arbeitgeber Sie heimschickt, dann muss er Sie auch für die nicht geleistete Arbeitszeit regulär entlohnen – während Sie sich natürlich dennoch einen schönen, arbeitsfreien Tag machen dürfen.
9. Eine Woche Urlaub mehr? Immer gerne
Wo wir beim Thema Urlaub sind: Arbeiten Sie seit 26 Jahren, haben Sie Anspruch auf eine zusätzliche Woche Urlaub. Zu diesen 26 Jahren dürfen Sie auch die Hochschulzeit, Schulzeit (mittlere und höhere Schule), Zeit aus der Selbstständigkeit oder aus anderen Arbeitsverhältnissen hinzugezählt werden. Beispiel: Haben Sie ein Hochschulstudium absolviert, dürfen Sie sich fünf Jahre anrechnen, Zeiten an mittleren und höheren Schulen zählen bis zu vier Jahre.
10. Eine Freistellung ist kein Urlaub
Das Thema Dienstfreistellung ist ein heikles Pflaster und birgt viele Unsicherheiten. Viele Arbeitnehmer fragen sich: Darf mich der Arbeitgeber vom Dienst freistellen und mich dazu zwingen, in dieser Zeit meinen noch unverbrauchten Urlaubsanspruch einzulösen? Die Antwort ist eindeutige nein. Stellt Sie Ihr Arbeitgeber vom Dienst frei, so muss er Ihnen in dieser Zeit das volle Gehalt zahlen – ohne Ihnen Ihren Urlaubsanspruch streitig zu machen.
Fazit
Im Dschungel des Arbeitsrechts gibt es weit mehr zu entdecken als die üblichen Pflichten und Rechte. Es ist ein Labyrinth aus Gesetzen und Vorschriften, die – wenn man sie kennt – für mehr Gerechtigkeit, Ruhe und persönliche Freiheit im Arbeitsleben sorgen können. Mit diesem Wissen können Sie sich souveräner auf dem Arbeitsmarkt bewegen und Ihre Position in Verhandlungen stärken.
Dieser Artikel hat Ihnen einen Leitfaden an die Hand gegeben, um die verborgenen Schätze des Arbeitsrechts zu entdecken und für sich zu nutzen. Denken Sie daran: Wissen ist Macht – und in diesem Fall kann es Ihnen helfen, das Beste aus Ihrer beruflichen Laufbahn zu machen. Es liegt an Ihnen, Ihre Rechte in Anspruch zu nehmen und Ihr Arbeitsleben aktiv zu gestalten.