25.07.2022

Mythen der Zeitarbeit – enttarnt

Zeitarbeit, auch bekannt als Leiharbeit oder Arbeitskräfteüberlassung, hat in der jüngeren Vergangenheit zugenommen. Oft genießt sie nicht den allerbesten Ruf, und manche glauben, Zeitarbeit im Lebenslauf mache sich nicht gut. Hier kursieren einige hartnäckige Vorurteile und Mythen. Aber sind diese auch korrekt? Unser Fakten-Check nimmt die häufigsten Gerüchte unter die Lupe.

Mythos 1: Zeitarbeit ist schlecht bezahlte Arbeit

Zeitarbeit heißt nicht automatisch, dass die Bezahlung schlecht ist. Dafür sorgt in Österreich auch das Gesetz. Die Höhe des Gehalts darf zum Beispiel nicht unter dem Kollektivvertrag des „Überlassers“, also der Zeitarbeitsfirma liegen, die den Arbeiter an ein anderes Unternehmen vermittelt. Die Bezahlung darf aber auch nicht unter dem (kollektivvertraglichen oder gesetzlichen) Mindestbetrag liegen, der für vergleichbare Arbeitnehmer im Unternehmen gilt, in dem die Arbeit verrichtet wird.

Außerdem: Unter den Zeitarbeitern ist die Vollzeitbeschäftigung um einiges höher als unter Festangestellten. Und weniger Teilzeitarbeit heißt natürlich mehr Verdienst.

Mythos 2: Zeitarbeit ist immer befristet

Klingt logisch: Zeitarbeit ist auf Zeit, also befristet. Das jeweilige Unternehmen hat irgendwann keinen Bedarf mehr und schickt den Zeitarbeiter zurück. Das ist jedoch für viele gar nicht der Fall. Wenn das Unternehmen zufrieden ist und die wirtschaftliche Situation es erlaubt, werden Zeitarbeiter immer wieder in die Stammbelegschaft integriert. Verschiedene Studien nennen Zahlen von 14 bis sogar 44 Prozent an übernommenen Arbeitskräften.

Davon abgesehen: Die mit Abstand meisten Zeitarbeiter haben bei ihrem Überlasser, dem Personaldienstleistungsunternehmen, einen unbefristeten Arbeitsvertrag.

Mythos 3: Zeitarbeit bedeutet häufig wechselnde Einsätze

Natürlich kommt das vor: Manche Arbeitseinsätze als Zeitarbeitskraft dauern wirklich nur wenige Monate. In dieser Zeit kann man aber schon wichtige Erfahrungen sammeln, oder man überbrückt damit die Zeit bis zum nächsten festen Job. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es aber in Österreich auch keine feste zeitliche Obergrenze, wie lange man an ein Unternehmen verliehen werden darf.

Ewig wird man aber als Zeitarbeiter selten in einer einzelnen Firma sein. Wenn diese sehr zufrieden ist, ist es in ihrem Interesse, letztendlich einen Festangestellten aus dem Zeitarbeiter zu machen.

Mythos 4: Zeitarbeit ist Männersache

Es stimmt: Die Quote der Männer beträgt in der Zeitarbeit rund 70 Prozent. Das liegt natürlich daran, dass Zeitarbeit oft im Produktionssektor zur Anwendung kommt. Und in diesem Bereich sind besonders viele Männer tätig. Im Dienstleistungssektor oder in der Pflege ist das Verhältnis ausgeglichener.

Und Zeitarbeit kann generell für Männer wie Frauen sinnvoll sein – und sogar Vorteile bringen. Wenn man flexibler sein und die Familie mit dem Job besser jonglieren möchte, ist etwa ein Wechsel von Vollzeit in die Teilzeit für Zeitarbeiter oft einfacher.

Mythos 5: Als Zeitarbeiter kann man die beruflichen Fähigkeiten nicht weiterentwickeln

Klar, nicht jeder Job bietet die Chance, gleich neue Kenntnisse zu erlangen. Auch wenn Hilfskräfte in Bereichen wie Bau oder Tourismus nicht immer umfassende Weiterbildung bekommen, gibt es in der Zeitarbeit inzwischen immer mehr auch temporäre, anspruchsvollere Arbeitsprojekte. Man lernt, flexibel zu sein und macht auch mit jedem Arbeitseinsatz immer neue Erfahrungen.

Das heißt natürlich, dass mit jedem Job auch eine berufliche Weiterentwicklung einhergeht. Von dem abgesehen: Viele Unternehmen beziehen ihre Zeitarbeiter auch in Trainings mit ein. Es ist schließlich in ihrem Interesse, dass wirklich alle im Betrieb bestmöglich geschult sind.

Mythos 6: Zeitarbeitnehmer erhalten weniger Leistungen als Festangestellte

Zeitarbeiter sind angestellt und müssen selbstverständlich auch sozialversichert sein. Sie haben hier die gleichen Rechte wie Festangestellte. Sie dürfen außerdem auch die Wohlfahrtseinrichtungen und -maßnahmen des Unternehmens, an das sie geliehen werden, in Anspruch nehmen – und zwar zu denselben Konditionen. Dazu gehören etwa die Kantine, Kinderbetreuung oder auch Beförderungsmittel.

Eine etwaige unterschiedliche Behandlung von Zeitarbeitern und Stammbelegschaft muss sachlich begründet sein.

Mythos 7: Firmen nutzen Zeitarbeit, um Personalkosten zu sparen

Schwarze Schafe finden sich überall, aber: Nur wenige Unternehmen sehen die Kosten als einen wichtigen Faktor bei ihrem Einsatz von Zeitarbeitskräften. Das mit Abstand wichtigste Argument ist Flexibilität. Zeitarbeit ist ein Instrument, mit dem Auftragsspitzen abgefangen werden können. Firmen können so kurzfristig auf die aktuelle Auftragslage reagieren und die Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Das wirkt sich positiv auf die Konjunktur und damit natürlich auch auf den Arbeitsmarkt aus.

Außerdem gibt es verschiedene gesetzliche Regelungen, die faire Bezahlung von Zeitarbeitern verlangen und ein Lohn-Dumping verhindern.

Mythos 8: Einmal Zeitarbeit – immer Zeitarbeit

Ein hartnäckiges Gerücht, das nicht sterben will: Begibt man sich in Zeitarbeit, bleibt man da auch – ein temporärer Hilfseinsatz nach dem nächsten, und keine Firma wird je wieder eine Festanstellung anbieten. Die Realität? Sieht anders aus. Tatsächlich kann Zeitarbeit durchaus ein Sprungbrett zu einer unbefristeten Festanstellung sein. Zum einen, weil die Erfahrungen aus der Wirtschaft klar belegen, dass Zeitarbeiter immer wieder in die Stammbelegschaft übernommen werden. Und zum anderen, weil die Einsätze im Rahmen der Zeitarbeit mehr Erfahrung und damit mehr Qualifikation bedeuten.

Mythos 9: Zeitarbeitsfirmen sind Sklaventreiber, die Arbeiter haben keine Rechte.

Auch das ist nicht wahr. Zeitarbeiter können in einem Arbeiter- oder Angestelltenverhältnis tätig sein. Das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz gibt klare Regeln vor. Es wurde in Österreich einer EU-Richtlinie entsprechend angepasst, damit Zeitarbeiter nicht zu Mitarbeitern zweiter Klasse werden. Außerdem gelten natürlich das Urlaubsgesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und so weiter. Auch Kollektivverträge kommen zur Anwendung. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Die Betriebsräte eines Unternehmens sind auch für Zeitarbeiter zuständig.

Mythos 10: Zeitarbeit macht sich schlecht im Lebenslauf

Auch der letzte Mythos ist am Ende nur das: ein Mythos. Zeitarbeit ist ein normales, etabliertes Instrument in österreichischen Unternehmen. In den Personalabteilungen landen keine Bewerbungen im Mülleimer, nur weil im Lebenslauf auch Zeitarbeit aufscheint.

Im Gegenteil sehen Personaler oft sogar einen Vorteil darin: Der Bewerber zeigt, dass er flexibel und motiviert zu arbeiten ist – und dass er Lücken im Lebenslauf vermeiden möchte. Mit jedem Zeitarbeit-Einsatz kann man außerdem neue Erfahrungen sammeln – und gerade um die berufliche Erfahrung geht es schließlich im Lebenslauf.

Fazit: Darum lohnt sich Zeitarbeit

Mythen sind Mythen, und die Realität spricht für sich: Zeitarbeit bietet viele Chancen – für den (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt, als Übergang oder auch zur Überbrückung. Man erwirbt neue Kenntnisse und Erfahrungen und vermeidet den Stillstand.

Und damit weder die Bezahlung noch die Arbeitsbedingungen im Vergleich zur Festanstellung leiden, gibt es in Österreich klare Regelungen gegen Ausbeutung.

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